Viele Leidenschaften kommen und gehen im Laufe des Lebens und oft hat man als Kind ganz andere Wünsche als später als Erwachsener. Manches entpuppt sich als schnelllebige Modeerscheinung, über die man später selbst nur noch beschämt lächeln kann. Aber es gibt zum Glück auch die absoluten Dauerbrenner: Träume, die einen nie mehr loslassen, die einen tagtäglich begleiten und die mit Leben gefüllt werden wollen. Sie führen zu einem ständigen Drang, die Passion auszuleben. Ein solcher Mensch mit einer derart langjährigen Freude an einer Thematik ist Peter Schwarzhuber aus Eichstätt. Seit Kindesbeinen an begleitet ihn der beruhigende Sound von V8-Motoren, seit es 1981 im Alter von zehn Jahren bei einem Besuch der Kaserne in Grafenwöhr zu einer schicksalshaften Begegnung mit einem feuerroten Pontiac Trans-Am kam.
Die Mischung aus dem Geruch nach Benzin und Öl, der Geräuschkulisse und der damit direkt in Zusammenhang stehenden Beschleunigung hinterließen einen bleibenden Eindruck bei dem damals noch kleinen Peter. Ab da war der Entschluss gefasst, der Traum hatte Fuß gefasst und wollte ausgelebt werden: Ein amerikanisches Auto stand von nun an ganz oben auf dem Wunschzettel. Doch bis es soweit sein würde, saugte Peter jahrelang alle nur erreichbaren Informationen in Form von Büchern, Magazinen und Prospekten auf, alles, war er eben bekommen konnte. Allmählich verbreiterte sich das Spektrum seines Interessengebietes und wurde langsam aber sicher zum umfassenden Lebensstil mitsamt dem Rock’n’Roll der 50er-Jahre, der dazu passenden Frisur und der Kleidung. Die Leidenschaft für 8-Zylinder-Motoren blieb dabei stets ein zentraler Mittelpunkt, den er in gewisser Weise sogar mit seinem Vater teilte. Dieser fuhr stets derlei Triebwerke, allerdings allesamt in Fahrzeugen aus Untertürkheim, zumindest bis zum Jahr 1986. Denn da hielt ein Jeep Grand Wagoneer in der heimischen Garage Einzug. 5,9 Liter Hubraum, acht Zylinder, Holzverkleidung und sehr viel Platz – der Traum eines amerikanischen Ur-SUV!
Zum 18. Geburtstag war es dann so weit: Peter besorgte sich den lang ersehnten eigenen Klassiker aus den USA, genauer gesagt einen Chevy 210 von 1955. Der Traum wurde endlich wahr – doch leider war dieser auch schnell wieder ausgeträumt. Denn als seine Mutter feststellte, dass der so harmlos wirkende Oldtimer bedeutend mehr PS unter der Motorhaube sitzen hatte als der Mercedes des Vaters, war die Sorge um die Gesundheit eines Fahranfängers in Form des eigenen Sohns doch größer als das Verständnis für dessen Leidenschaft. Selbstredend war Peter damals keineswegs mit dieser Entscheidung einverstanden, aber ihm waren die Hände gebunden. In der Zwischenzeit zog er wieder von München zurück nach Eichstätt und wandte sich den Vespa-Rollern zu: Über zehn Stück nannte er sein Eigen und schraubte fleißig an ihnen. Klar war aber auch, dass der Traum vom US-Car lediglich aufgeschoben und noch längst nicht ausgeträumt war.
Längst hatte Peter seinen Traum innerlich konkretisiert. In seiner Vorstellung hatte sich seit langer Zeit die Marke Oldsmobile die Spitzenposition erobert. Die ehemals so innovativen Fahrzeuge waren damals wie heute sensationell. Und so begab er sich auf die Suche nach einem Oldsmobile 98 Holiday Coupé von 1954. Ganze sechs Jahre dauerte die Suche nach dem passenden Fahrzeug. Als es dann greifbar war, zögerte Peter nicht lange und schlug zu. Die Theorie wird dabei nicht selten von der Praxis eingeholt. Spätestens wenn es um die Ersatzteilversorgung geht, wird einem bei manchen Marken und Modellen schnell klar, dass man etwas mehr Zeit und Geld mitbringen muss, um alles auf Vordermann zu bringen. Doch davon ließ sich Peter natürlich nicht einschüchtern, sondern machte sich daran, den Olds technisch wieder fit zu bekommen. So wurde der originale 324cui-Oldsmobile-Rocket-V8 generalüberholt, ebenso das 4-Gang-Hydramatic-Getriebe und die hydraulischen Fensterheber. Dann stand eine größere kosmetische Operation an: Der amerikanische Lack stellte sich hier und da auf und musste dringend erneuert werden. Doch was in der Zwischenzeit tun? Eine Saison ohne fahrbaren Untersatz ist für Peter mittlerweile undenkbar und so betrachtete er dies als gute Gelegenheit, sich einen zweiten Traum zu erfüllen: einen Pick-up!
Um welchen es sich genau handeln sollte, war schnell klar: ein Chevy „Advance Design“ Pick-up. Also begann die Suche erneut, wobei Peter die Baujahre 1947 bis 1951 besonders im Visier hatte. Die „Advance Design“-Serie war damals bei den Chevrolet-Nutzfahrzeugen die erste wirkliche Neuentwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg und fand einen reißenden Absatz. Sie wurden in hohen Stückzahlen produziert und sollten auch relativ leicht aufzustöbern sein. Doch wie so oft im Leben, wenn man etwas gezielt sucht, findet man erst einmal nichts, was den Vorstellungen entspricht. Selbst eine Reise in die USA brachte kein Ergebnis und schon gar kein Auto mit nach Deutschland. Peter machte sich auf den Weg nach Norddeutschland und auch nach Holland, aber auch hier war nichts zu finden. Die Findlinge waren entweder zu teuer, zu schrottig oder beides. Schließlich tat sich ein 49er-Modell aus Belgien auf. Doch Peter reagierte zu spät. Ernüchterung machte sich breit und die aktive Suche wurde erstmal eingestellt. Der Plan, den Olds über den Winter zu lackieren, wurde wieder verworfen. Schließlich wollte Peter mobil bleiben.
Doch der Zufall ist stets ein guter Weggefährte und sorgt immer wieder auch für positive Überraschungen. So geschehen zwischen den Weihnachtsfeiertagen beim Stöbern im Internet. Da stand er schließlich: Baujahr 1950, komplett Kustom und unglaublich schön! Das Sahnehäubchen an der Geschichte? Der Wagen stand auch noch ganz in der Nähe! Kurzerhand packte Peter seine Frau ein und machte sich sofort auf den Weg. Er die Frontscheinwerfer und die Parklichter gefrencht, ebenso die Antenne. Embleme und Türgriffe wurden entfernt, um eine glattere Optik zu erhalten. Die Motorhaube erhielt einen hervorgehobenen Mittelsteg (peaked hood), die Heckklappe wurde gelouvert. Ein wahres Kunstwerk sind die neuen Trittbretter, die von oben betrachtet an eine Fliegerbombe erinnern.
Im Inneren wurde ebenfalls Hand angelegt. Hier fand zum Beispiel ein neues Armaturenbrett Einzug, das aus Teilen eines angepassten 57er-Chevrolet-Armaturenbretts und einem handgefertigten Armaturenträger besteht. Dazu gesellen sich zwei Bucket Seats und die dazu passende Mittelkonsole aus einem Ford Thunderbird von 1964. Auf der neuen Tilt-Lenksäule thront ein 1955er-Chevrolet-Bel-Air-Lenkrad.
Lackiert wurde das Ganze in Sea Glass Pearl, einem Farbton aus der Toyota-Farbpalette. Dazu passend bekam der Pick-up farblich abgestimmte Scallops und Pinstripes. Neben dem Lackkleid sind die Schuhe wichtigster Bestandteil der Gesamtoptik und hier trennt sich die Spreu vom Weizen. In diesem Fall können wir beruhigt aufatmen, denn der Chevy rollt auf einer vertrauten, sehr coolen Kombination von verchromten Smoothie-Felgen mit Cone-Radkappen und BF-Goodrich-Weißwandreifen.
Auf technischer Seite wurde so gut wie alles neu gemacht. Allen voran der Antriebsstrang mit einem GM-Crate-Motor mit 350cui Hubraum und Edelbrock-Anbauteilen in klassischer Kombination mit einem automatischen TH350-Getriebe, das die Kraft an eine 10-Bolt-Hinterachse mit einer 3.73-Übersetzung überträgt. Für den passenden Sound sorgt dabei eine Doppelrohrauspuffanlage mit Cherry-Bomb-Auspuffbirnen. Das Fahrwerk wurde ebenfalls konsequent modernisiert. An der Front arbeiten Federbeine und Stabilisatoren in Kombination mit Mustang-2-Bauteilen, am Heck wurde auf ein 4-Link-System, ebenfalls mit Federbeinen, gesetzt. Gebremst wird vorne mit Scheibenbremsen und hinten mit Trommelbremsen. Die Lenkung übernimmt ein Lenkgetriebe eines Mustang 2.
So gerüstet fährt sich der Pick-up einwandfrei und ist bereit für zahlreiche Kilometer durch die ganze Republik. Und genau das hat Peter jetzt erst mal vor: fahren, fahren, fahren! Und in der Zwischenzeit werden langsam die Pläne für seinen Oldsmobile konkretisiert. Auch hier sind wir gespannt und werden euch mit Sicherheit berichten, sobald der Roll-Out ansteht.