Ende der 60er-Jahre stand es bestens um Chevrolet. Man konnte nicht nur fast ausschließlich auf Verkaufsschlager zurückblicken, auch die neuen Modelle wurden jedes Jahr sehnsüchtig erwartet und verkauften sich so gut wie von selbst. Illustre Namen wie Biscayne, Bel Air, Impala und Caprice waren seit Jahren Garanten für einen hohen Absatz im Bereich der Fullsize-Fahrzeuge. Diverse kleinere Modelle wie die Nova- und Chevelle-Familie überzeugten in nahezu jeglicher Ausführung, Corvette und Camaro rundeten das Angebot für die sportlicheren Kunden gekonnt ab. Lediglich die im Heck motorisierte Corvair winkte 1969 leise „Good Bye“ und musste eingestellt werden.
Der Impala war auch in diesem Jahr nach wie vor der absolute Verkaufsschlager, mehr als 777000 Stück konnte man von ihm in sechs Karosserievarianten absetzen. Die großen Einstiegsmodelle Biscayne (68700 Stück) und Bel Air (156700 Stück) lagen hier weit dahinter, verkauften sich aber unverändert gut, ähnlich wie im Jahr zuvor. Der am oberen Ende der Modellpalette angesiedelte Caprice legte dagegen um über 50000 Einheiten auf 166900 zu. Alles in Allem war dies ein äußerst erfolgreicher Jahrgang mit insgesamt knapp 1,2 Millionen Fullsize-Fahrzeugen.
Der Erfolg ist auch aus heutiger Sicht durchaus nach-vollziehbar. Denn Chevrolet bot in dieser Zeit Jahr für Jahr attraktive Modelle zu bezahlbaren Preisen für eine breite Käuferschicht an. Die Fahrzeuge hinterließen dabei stets einen positiven Eindruck und wirkten alles andere als billige Modelle für die Masse. Weder die Modellpalette noch die Ausstattungsvarianten und Motorisierungen ließen Wünsche offen und das Design war stets am Puls der Zeit. So auch die komplett neu gestalteten Modelle für 1969. Der in den vorherigen Jahren so auffällige Hüftschwung wurde entschärft und der Gesamteindruck ruhiger, formaler und stimmiger. Dabei strotzten die Modelle geradezu vor Details wie zum Beispiel den weiten, ovalen Radläufen, die weit aus der Karosserie herausgearbeitet wurden. Auffallend ebenfalls der breite, komplett in Chrom eingefasste Kühlergrill mit den tiefliegenden Scheinwerfern. Wie schon im Vorjahr war der Impala sowohl als Sportcoupé mit fließenden Linien als auch mit dem förmlicher und luxuriöser wirkenden Coupé-Dach des Caprice erhältlich. Letzteres erhielt den schicken Namen „Impala Custom Coupé“ und war ausschließlich mit V8 zu bestellen. Um genau dieses Modell geht es auch in unserer Story.
Patrick Nagelseder, gelernter KFZ-Mechaniker aus Regau im schönen Hausruckviertel in Oberösterreich, begann bereits sehr früh mit seiner Leidenschaft für amerikanische Autos. In der Ortsmitte seines Heimatorts gab es zu seinen Schulzeiten eine Tankstelle, die als Treffpunkt der regionalen US-Car-Szene diente. Der heute 28-Jährige fuhr damals oft mit dem Fahrrad auf und ab, um die Fahrzeuge aus der Entfernung betrachten zu können, bis er schließlich den Mut fasste, zu fragen, ob er einmal mitfahren dürfe. Die Antwort lautete: „Ja klar!“, und verhalf ihm zu einer Ausfahrt in einem Dodge Demon – ein einschneidendes Erlebnis, das ihn entscheidend prägen sollte. Mit 17 machte Patrick den Führerschein, um sich bereits mit 18 sein erstes amerikanisches Auto zu kaufen, ein Oldsmobile Delta von 1979 mit einem 350cui-V8, 14-Zoll-Speichenfelgen und Weißwandreifen. Der Wagen war günstig und für den damaligen Lehrling bezahlbar, ein guter Einstieg in die Szene. Die ersten technischen Probleme folgten sogleich und damit auch der freudige Einstieg in das Schrauberdasein und die ersten Freundschaften innerhalb der Szene. Nach zwei Jahren wurde der Olds durch einen 1985 Ford F250 ersetzt, der wiederum einem 1979 Chevy C10 Longbed weichen musste. Doch das Ziel stand schon länger fest: Es sollte ein Chevrolet Impala werden. So begann er mit der Suche nach einem geeigneten Objekt und stieß schließlich auf ein Inserat aus München: ein goldenes Chevrolet Impala Custom Coupé, Baujahr 1969.
Da Patrick gerade Urlaub hatte, machte er sich sogleich auf den Weg in die bayerische Landeshauptstadt, um den Impala in einer Tiefgarage zu besichtigen. Der Wagen war weitgehend in einem guten, originalen und unverbastelten Zustand. Ins Auge fielen lediglich die aufgerissenen Sitzbezüge und das poröse Armaturenbrett. Da jedoch nagelneue schwarze Ledersitzbezüge mit dabei waren, stellte dies kein Hinderungsgrund für einen Kauf dar. Schwieriger machte Patrick die Entscheidung eher die Lackierung, denn das Gold wirkte im Licht der Tiefgarage eher olivgrün, was ihm so gar nicht zusagte. Doch nach vier Stunden Besichtigung und einer erfolgreichen Preisverhandlung wechselte der Impala dann doch den Besitzer. Logisch, dass Patrick den Wagen am liebsten gleich direkt nach Hause fahren wollte, also half ihm der Verkäufer noch dabei, an Kennzeichen zu kommen und schon konnte die 210 Kilometer lange Heimfahrt beginnen.
Der erste Zwischenstopp an der Tankstelle diente der Überprüfung der Betriebsflüssigkeiten und des Luftdrucks in den Reifen, denn der Verkäufer meinte, dass vor allem hinten links Luft entweicht. Nachdem alles gecheckt war, ging es direkt in den abendlichen Berufsverkehr auf die Autobahn, wo die Fahrt dann nach nur fünf Kilometern wieder endete: Der linke Hinterreifen war geplatzt. Patrick brachte den Chevy noch sicher auf den Pannenstreifen, wo sogleich eine Bestandsaufnahme gemacht wurde. Ein Ersatzreifen war vorhanden, das passende Werkzeug war jedoch weder im Impala noch im Begleitfahrzeug zu finden. Also machte sich Patrick zu Fuß über ein Feld auf zu einem Bauernhof, wo ihm auch sogleich geholfen wurde. Der Reifen war nun schnell gewechselt und die weitere Heimfahrt verlief ohne weitere Probleme.
Zu Hause angekommen machte sich Patrick sogleich daran, die Innenausstattung auf Vordermann zu bringen. Die Polsterung an sich war noch in einem sehr guten Zustand. Hier mussten nur die Überzüge gewechselt werden. Das Armaturenbrett und die Kopfstützen arbeitete ein Sattler auf. Die Arbeit an der Innenausstattung brachte auch sehr positive Überraschungen zu Tage, denn beim Zerlegen des Armaturenbretts tauchte eine Papiertasche auf, die voller Dokumente über das Fahrzeug war. Zum Beispiel der originale Kaufvertrag von 1969, die Ausstattungsliste und eine augenscheinlich nahezu unbenutzte Straßenkarte von Ohio – ebenfalls aus dem Jahr 1969. Nach der ersten Aufarbeitungsphase stand auch der Typisierung nichts mehr im Wege.
Noch war der Impala jedoch komplett original und stand auf seinen Rallye Wheels, die als erstes weichen sollten. Patrick fand schon länger gefallen an den Lowridern, die er aus Musikvideos und Filmen kannte. Und so besorgte er sich goldene Dayton Wheels, die ein Freund zu verkaufen hatte. Um für den nötigen Stance zu Sorgen, baute er noch ein Luftfahrwerk mit einer Steuerung von Airride Supplies ein. Gerade rechtzeitig, denn der Frühling stand vor der Türe und die erste Cruisingsaison mit dem Impala wurde bereits heiß herbeigesehnt. Nach zahlreichen Treffen und etlichen Pokalen ging es noch einmal an die Technik, denn die Felgen sorgten durch eine Unwucht für einen unruhigen Lauf und auch für ausgeschlagene Achsteile. Die Wahl der neuen Felgen fiel auf verchromte Supreme 5-Spokes, was für eine deutlich traditionellere Optik sorgt.
Im Herbst 2017 stand schlussendlich noch der Motor auf dem Programm. Der originale 327cui-V8 war bereits etwas undicht und eine Überholung über den Winter bot sich an. Hierbei reinigte Patrick alles gründlich und ersetzte verschlissene Teile wie die Nockenwelle, Motorlager und Dichtungen. Sein Schwager sorgte für eine hitzebeständige Lackierung im Originalfarbton und auch der Motorraum erhielt ein neues schwarzes Lackkleid. Der Rochester-2-Jet-Vergaser wurde im Zuge der Motorrevidierung ebenfalls überholt.
Drei Monate später war der Motor wieder zusammengebaut und startete zum ersten Mal. Nach etlichen Einstellungsschwierigkeiten am Vergaser und der Zündung läuft der Impala jetzt wieder, wie er soll. Der Sommer 2018 kann kommen, es darf wieder ausgiebig gecruist werden! Der Wagen fährt sich unglaublich sanft. Man hat fast das Gefühl zu schweben, daher die unbedingte Empfehlung der Redaktion: viel und häufig bewegen. Und darüber brauchen wir uns keine Sorgen machen, seit 2015 war Patrick bereits 9000 Meilen mit dem Impala unterwegs!